Wenn man über traditionelle kanarische Spiele spricht, begibt man sich auf eine Reise in die Vergangenheit – eine Kultur, die heutzutage nur schwer zu verstehen ist, wenn da nicht die Weitergabe von traditionellem Wissen und der Respekt gegenüber des immateriellen Kulturerbes wäre. Die kanarische Kultur entstand aus zahlreichen Kulturen – der Kultur der Ureinwohner, der spanischen Kultur, die zu Zeiten der Eroberung eingeführt wurde, und der Kultur der Handelsmänner aus dem Ausland. Dank dieses Zusammentreffens ist eine Kultur mit einem außergewöhnlichem Reichtum entstanden und ein gutes Beispiel dafür sind die traditionellen Spiele, die von Generation zu Generation weitergegeben wurden und wahre Zeugen der Vergangenheit sind.

Traditionelle kanarische Spiele und Sportarten: Vor der Ankunft der Eroberer waren die Spiele eher einfach gestaltet, wobei der Schwerpunkt auf funktionellen und wenig entwickelten Aspekten lag. Über Gruppen- bzw. Kollektivspiele liegen keine Aufzeichnungen vor. Was man jedoch schon sagen kann, ist, dass es sich bei diesen Spielen um eigentümliche Spiele handelte, die – bis zur Eroberung der Inseln – keine besonderen Einflüsse anderer Kulturen aufwiesen. So ist eine größere kulturelle Interaktion und demzufolge eine bessere Entwicklung aller Kommunikationsformen und natürlich auch der Spiele entstanden. Zu jener Zeit bestanden die kanarischen Spiele aus Wettkämpfen zwischen einzelnen Personen, weswegen es sich eher um körperliche als um spielerische Aktivitäten handelte.

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Nach dieser Einführung bezeichnen wir im Folgenden die wichtigsten Spiele: Kanarischer Ringkampf, Stabfechten, Steinwurf und Ausweichen, Steinheben, Hirtensprung, Stabhochsprung, Handschlag-Ballspiel, Stabschlag-Ballspiel, Lateinsegeln, Kugelspiel, Pferderennen und Ringreiten, Viehziehen, Pflugheben, das Brettrutschen Tablas de San Andrés, das Ziehen von Gerätschaften Los Cacharros, das Wasserheben El Calabazo und die Billarda. Einige von diesen Spielen wurden nur auf bestimmten Inseln gespielt, wobei im Folgenden die verbreitetsten Spiele erläutert werden.Komplette Information: traditionelle kanarische Spiele

Kanarischer Ringkampf:  Während der Feste fanden zahlreiche Ringkämpfe statt. Die Spielregeln und die Bräuche sind nicht genau bekannt, aber es wird davon ausgegangen, dass die urtümliche Spielweise der gegenwärtigen sehr ähnlich war. Es handelt sich um einen sportlichen Wettkampf, bei dem zwei Gegner in einer Zeit von nicht länger als eineinhalb Minuten gegeneinander antreten. Hierbei stehen sich die zwei Gegner gegenüber und halten sich gegenseitig am Hosenaufschlag fest. Beim Kampf versuchen sie, sich im Ringfeld gegenseitig aus dem Gleichgewicht zu bringen, damit der Gegner – außer mit den Fußsohlen – den Boden mit einem beliebigen Körperteil berührt. Es werden bestimmte Hand- und Fußtechniken angewandt und es ist verboten, den Gegner zu schlagen. Die Kämpfe können zwischen Mannschaften, Einzelkämpfern, nach Gewicht, Kategorien, Duellen usw. erfolgen. Die häufigste Form des kanarischen Ringens ist der Kampf zwischen zwei Mannschaften, i.d.R. bestehend aus zwölf Spielern, die im Einzelkampf gegeneinander antreten.

Kanarisches Stabfechten: Es handelt sich um ein Stabspiel, bei dem zwei Gegner einen Kampf simulieren und mit einem Stab versuchen, sich gegenseitig zu „markieren“ bzw. Schläge zu simulieren. Der erste Bericht über dieses Spiel erschien im Jahr 1402 in den Chroniken von Jean de Béthencourt, in denen er angab, dass die Bewohner der Insel El Hierro große Lanzen ohne Eisen trugen. Es gibt kurze, mittelgroße und lange Stäbe; der kurze Stab reicht vom Boden bis zur Hand, der mittelgroße vom Boden bis zum Herzen bzw. höchstens bis zum Kinn und der lange ist größer als der Spieler und kann zwischen zwei und vier Metern messen. Die Stäbe wurden ursprünglich aus dem Holz von Sadebäumen, Picconien, Olivenbäumen, Mocan-Bäumen, Tamarisken, Eukalyptus, Mandelbäumen usw. hergestellt. Der kurze Stab ist eher dick; beim mittelgroßen kann man zwei Teile abgrenzen: den Griff und die Spitze; der lange Stab in an beiden Seiten gleich dick. Gute Spieler bewegen sich nicht oder kaum. Sie wenden unterschiedliche Techniken mit vielen Bewegungen an, damit der Gegner die Hiebe nicht hervorsehen kann.

Steinwurf und Ausweichen: Es handelt sich um ein weiteres Spiel, das im Zusammenhang mit den Kriegskämpfen steht. Es gibt zahlreiche Angaben über die große Geschicklichkeit der Ureinwohner im Steinwurf. Zu diesem Zweck formten sie sogar die Steine, die sie im Kampf verwendeten. So schrieb Bruder Alonso de Espinosa im Jahr 1594: „(…) sie verwendeten Steinbälle, die sie voller Kraft warfen”.

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Steinheben: Das Heben von großen Steinen diente zum Kräftevergleich zwischen den kanarischen Ureinwohnern. Bei dieser Sportart kann beim Levantamiento der Stein den Körper berühren, wobei beim Pulseo der Stein über den Kopf hinaus gehoben werden muss, ohne dabei den Körper berühren zu dürfen.

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Hirtensprung: Dieses Spiel entwickelte sich aus der Notwendigkeit der Hirten, verschiedene Höhenunterschiede (Schluchten, Hügel, Klippen usw.) zu überwinden und ist daher auf allen Inseln bekannt. Der hiezu verwendete Holzstab gleicht dem großen Stab des Stabspieles, weist jedoch eine Metallspitze auf, um im Untergrund einen besseren Halt zu finden. Dieser wird in der Regel vor dem Sprung abgestützt, wobei es jedoch bei großen Höhenunterschieden auch möglich ist, ins Leere zu springen. Bei den sportlichen Wettbewerben müssen die „Hirten“ verschiedene Aufgaben erfüllen u.a.: Sprünge von hohen Mauern, präzise Sprünge (wobei eine Münze zu treffen ist) oder Sprünge, bei denen sich der Stab auf dem Rücken der Teilnehmer befindet.

Stabhochsprung: Spiel der Ureinwohner, das gegenwärtig nicht mehr ausgeübt wird und von dem nicht allzu viele Angaben bestehen. Nur Abreu Galindo (1602) berichtete in seinen Chroniken über die Bräuche der Ureinwohner der Inseln Lanzarote und Fuerteventura Folgendes: “(…) sie waren sehr gut im Springen und sie übten diese Tätigkeit oft aus. Zwei Männer hielten einen Stab fest, jeder an einem Ende, und hoben die Arme so hoch wie möglich. Dann stellten sich bis zu drei Männer in einer Reihe auf, welche so oft – wie von der Anzahl der Stäbe angegeben – über die Stäbe springen mussten”.

Handschlag-Ballspiel: Dieses Spiel ist eine Variante des Jeu de Paume, welches bis heutzutage gespielt wird. Es scheint, dass dieses Spiel um das Jahr 1402 mit der Ankunft der Expedition von Jean de Béthencourt und seines Gefolges eingeführt wurde. Die ersten diesbezüglichen Angaben erscheinen in Teguise in einer Urkunde aus dem Jahr 1616, in der ein Verkauf von Häusern, die sich neben einem Ballspielfeld befinden, erwähnt wird. Das Spiel besteht darin, einen kleinen Ball mit der Handinnenfläche vor dem zweiten Aufkommen zurückzuschlagen oder diesen mit der Hand oder dem Fuß zu stoppen. Ziel ist es, sich im Bereich der gegnerischen Mannschaft auszubreiten, indem jedes Mal der Ort, von dem der Ball ausgegangen ist, markiert wird. Das Feld ist nur zu den Seiten hin begrenzt und ist länglich; am Abschlagpunkt befinden sich zwei Steine, die das Feld in der Breite begrenzen. In der Regel ist das Feld 60-70 Schritte lang und 8-9 Schritte breit. Gezählt wird nach Fehlern oder Punkten und Strichen. Wenn man die gesamten Punkte eines Spieles gewinnt, erhält man ein sogenanntes Chico – fünf Chicos bilden ein Pajero. Normalerweise spielen Fünf gegen Fünf, wobei eine Mannschaft jedoch auch aus vier oder sechs Spielern bestehen kann.

Stabschlag-Ballspiel: Es handelt sich um ein weiteres Stabspiel. Man geht davon aus, dass es sich um eine Variante des Lacross handelt, von dem es bereits Nachweise in französischen Miniaturen aus dem 14. Jahrhundert und vorher im Alten Griechenland gibt. Man geht davon aus, dass die Pina ein Spiel der Ackerbauer war, bei dem ein kleiner Holzball (Pina) mit einem Stab bis ans jeweilige Spielfeldende getrieben werden musste, während die gegnerische Mannschaft dies zu vermeiden versuchte. Aufgrund der vielen Zusammenstöße wurde es ausschließlich von Männern gespielt. Die Ausgangsposition beim Start und bei der Fortführung des Spieles nach den Punkten war in der Feldmitte. Das Feld war mit Linien oder Ähnlichem begrenzt. Das Spielende hing eher vom Tageszeitpunkt (bzw. vom Licht) als von den erzielten Punkten ab. Der Ball wurde in der Regel aus Kiefern- oder Baumheidenholz hergestellt. Die Stöcke oder Stäbe waren leicht und nicht sehr lang (ca. 50 cm) und an einem Ende mit einer leichten Krümmung versehen, um den Schlag besser ausführen zu können.

Lateinersegeln: Die ersten Nachweise für den kanarischen Segelsport liegen zwischen dem 18. und 19. Jahrhundert mit dem Llaüt (kleiner). Die Bezeichnung dieser Sportart leitet sich von der Bezeichnung des Segels ab, dem Lateinersegel, ein dreieckiges Segel, das hauptsächlich im Mittelmeerraum aber auch im Pazifik verwendet wurde. Das erste Boot mit diesen Eigenschaften war wahrscheinlich das Llaüt. Diese kleinen Segelboote wurden wegen ihrer Größe (5,5-8,5 Meter) und der leichten Bedienbarkeit aufgrund der Segelform für den Fischfang verwendet. Der erste Nachweis für das Lateinersegeln als Sportart stammt aus dem 19. Jahrhundert und erfolgte in der Presse, in der über eine Rennstrecke und den Preis für den Gewinner geschrieben wurde.

Kugelspiel: Es handelt sich um eines der ältesten Spiele, da es bereits schriftliche Belege aus dem Alten Ägypten gibt. Die Herkunft dieser Kugelsportart, die dem Boccia-Spiel ähnelt, ist unklar, wobei man davon ausgeht, dass es von den Spaniern eingeführt wurde. Es bestehen jedoch keine Angaben über den Zeitpunkt oder die Person.

Auf Lanzarote besteht eine große Tradition in Bezug auf dieses Spiel. Die Spieler, die von dieser Insel stammten, waren sehr geübt und wurden von den anderen geachtet. Viele Geschichtsschreiber gehen davon aus, dass sich die Bola canaria von Lanzarote aus auf die anderen Inseln verbreitet hat. Die besten Kugeln sind die aus Picconien-Holz, welches aus La Palma stammt und ebenfalls für die Zahnräder von Windmühlen verwendet wird.Bei diesem traditionellen Sport geht es darum, Kugeln von einem Ausgangspunkt aus zu werfen und dabei so viele wie möglich der Mannschaft so dicht wie möglich an eine Zielkugel (Boliche oder Miche) zu platzieren. Vor Beginn des Spieles wird die Zielkugel verlost, indem eine Münze geworfen wird. Die Gewinnermannschaft darf die Farbe der Kugeln wählen, die Zielkugel werfen und anfangen. Wenn eine Mannschaft keine Kugeln mehr hat, ist die Gegenseite dran, wobei diese versucht, Punkte zu erzielen, indem sie möglichst nah an die Zielkugel gelangt oder die gegnerischen Kugeln (oder auch die Zielkugel) herausdrückt oder wegschießt. Es ist auch gestattet, die verbleibenden Kugeln als gespielt anzusehen und die Punkte zu zählen. Gezählt werden alle Kugeln einer Mannschaft, die – im Vergleich zur nächstliegenden Kugel der gegnerischen Mannschaft – am nächsten zur Zielkugel liegen.

Pferderennen und Ringreiten: Die ersten Pferderennen fanden im 15. Jahrhundert statt, wobei vor allem Königsfamilien und der Adelstand daran teilnahmen. Der erste Nachweis auf den Kanaren stammt aus dem Jahr 1527. Es handelt sich um eine Verordnung des Inselrates von Teneriffa, wegen der Festlichkeiten, die aufgrund der Geburt des Königs Philipp II. von Spanien veranstaltet wurden.

Beim Ringreiten handelt es sich um eine Entwicklung mittelalterlicher Turniere, weswegen die Teilnahme von Anfang an sehr groß gewesen ist. Bei diesem Pferdesport müssen die Reiter der Reihe nach (die Reihenfolge wird vorher von einem Preisgericht bestimmt) einen kleinen Ring im Galopp bzw. im versammelten Galopp mit einer kurzen Lanze (20 cm) aufspießen. Der Ring hängt an einem farbigen Band an einer Struktur, die aus zwei senkrechten Pfosten und einem waagerechtem Pfosten besteht. Für die Punktezahl werden die von jedem Reiter eingefangenen Ringe gezählt. Bei Punktegleichstand finden neue Rennen statt, allerdings nur mit den Reitern mit Punktegleichstand. Die Ringe sind genau aufzuspießen bzw. es ist ungültig, das Band aufzuspießen. Nach mehreren Rundgängen werden die erforderlichen Sätze erneuert. Die Höhe des waagerechten Pfostens liegt zwischen 2,5 und 3 Metern, hängt aber vor allem von der Größe der teilnehmenden Pferde ab.

Viehziehen: Die ersten Angaben über dieses traditionelle Spiel stammen aus dem Jahr 1602, wobei es im Jahr 1938 zu den Festlichkeiten des Christus von La Laguna als sportlichen Wettkampf ausgeführt wurde. Eine wesentliche Voraussetzung für die Ausübung dieses Sports ist die Einhaltung von Tierschutzbestimmungen, wobei es ausnahmslos verboten ist, die Tiere zu züchtigen oder zu bestrafen. Bei diesem Rennen muss in der kurzmöglichsten Zeit eine Strecke von 70 Metern zurückgelegt werden. Hierbei müssen Ochsen, Stiere der Kühe im Gespann ein bestimmtes Gewicht über ein Stück Land ziehen, wobei das Gewicht von der jeweiligen Kategorie abhängt. Bei diesem Spiel ist nicht nur die Stärke des Gespanns sondern vor allem die Geschicklichkeit des Viehtreibers von wesentlicher Bedeutung.

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Pflugheben: Der Mensch hat schon immer Gefallen daran gefunden, seine Kräfte mit anderen zu messen – und Ackergerätschaften bieten sich zweifellos dazu an. So war es üblich, bei Ringkämpfen auch Vorführungen im Pflugheben zu zeigen. Wie der Name schon sagt, besteht die Aktivität darin, einen Pflug anzuheben, diesen in eine senkrechte Position zu bringen und im Gleichgewicht zu halten, diesen danach in die waagerechte Position zu bringen und wieder im Gleichgewicht zu halten sowie diesen dem Publikum vorzuführen und ihn dann sanft abzusetzen. Die Pfluge weisen eine Länge zwischen 4,25 und 4,75 Metern auf und das Gewicht kann bis zu 100 kg betragen.

Das Schlagstabspiel: Dieses Spiel wird von vier Spielern als Doppel gespielt, wobei jedes Spielerpaar über einen 1 Meter langen Stock verfügt. Die Billarda ist ein ca. 15 kleiner Stock. Das Spielfeld liegt zwischen zwei hufeisenförmigen Toren, die zehn Schritte auseinanderliegen. Jeder Spieler spielt gegen einen bestimmten Gegner und stellt sich in das Tor. So gibt es für jedes Tor einen Verteidiger und einen Angreifer; ein Gegner wirft den Stock und, sollte dieser getroffen werden, muss die Strecke hin und zurück abgelaufen werden. Das Spiel endet, wenn ein Spielerpaar 12 Punkte erreicht.

Hat es Ihnen gefallen? Lust auf ein Spiel? Es ist nicht zu vergessen, dass die Weitergabe von traditionellem Wissen Teil des immateriellen Kulturerbes ist. Nutzen Sie die Gelegenheit und zeigen Sie Ihren Kunden diese und andere kanarischen Spiele und Sportarten.

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